Ein Hühnermobil für den Naturhaff

, von Ekkehart Schmidt












Zwischen 2009 und Ende 2014 ist die Zahl der Produzenten in der Biolandwirtschaft um 34 auf nunmehr 119 gestiegen, darunter 60 Bauern, 18 Imker, 14 Gemüsebauern, zwölf Winzer und neun Obstproduzenten. Zusammen bewirtschaften sie eine Fläche von 4.200,9 Hektar.

Sie eint das Anliegen der Erzeugung qualitativ hochwertiger Lebensmittel, die mit Respekt vor den Tieren und in ökologischem Bewusstsein produziert werden. Eier aus ökologischer Haltung gab es bislang jedoch erst bei wenigen Betrieben: Neben dem Wandhaff Meyers-Weis und dem Biohaff Wilhelm in Kapellen (die beide durch etika und die BCEE gefördert wurden) hat im Februar 2012 nun auch der Naturhaff in Derenbach mit der Erzeugung von Bio-Eiern begonnen.

Bei der konventionellen, in Luxemburg bis 2017 überwiegend betriebenen Bodenhaltung wurden bis maximal 6.000 Hühner in einem fensterlosen Stall oder mit Tageslichteinfall gehalten. Nach den Vorschriften sollte die Zahl von sieben Hennen pro Quadratmeter im Stall nicht überschritten werden. Ein Auslauf war damals nicht vorgeschrieben, im Gegensatz zur Freilandhaltung. Dort müssen Legehennen neben ihrem Stall einen Mindestfreilauf von 4 m² Freiland pro Huhn haben. Freilandhühner haben neben ihrem Stall mit Sitzstangen, Nestern und Einstreu tagsüber Auslauf im Freien, wo sie ihre natürlichen Verhaltensweisen und ihr Bewegungsbedürfnis ungehindert ausleben können. Der Auslauf muss überwiegend begrünt sein. Bäume, Sträucher oder ein Unterstand sind notwendig, damit die Tiere Schutz vor natürlichen Feinden finden können.

Bei stationären Ställen entstehen jedoch auch bei der Freilandhaltung einige Probleme. Zwar ist sie artgerechter, aber schon bei einer relativ geringen Tierzahl entsteht eine Übernutzung des stallnahen Auslaufs mit viel konzentriertem Kot, Bodeneintrag und Pfützenbildung, die zudem zu einer erhöhten Infektionsgefahr führen. Bei den Auslaufflächen ist daher ein hoher Pflegeaufwand notwendig. Nicht zuletzt ist die optische Attraktivität dieser Gehege meist eher gering.

Eine deutsche Firma hat daher insbesondere aus ökologischen Gründen ein „Hühnermobil“ für die vollmobile Hühnerhaltung im Freiland entwickelt. Der Stallwagen kann per Traktor einfach transportiert werden. Dadurch wird ein regelmäßiges Umsetzen des Stalles möglich. Bislang gab es in Luxemburg kein solches Hühnermobil. Das Naturhaff in Derenbach, ein durch den jungen Landwirt Christian Mathieu und seine Partnerin kürzlich auf biologische Landwirtschaft umgestellter Hof, ist nun der erste Betrieb, der diesen mobilen Stall einsetzt.

Für Mathieu sind die Vorteile eindeutig: Es bleibt bei Freilandhaltung nicht nur die Grasnarbe erhalten. Diese Haltung ist auch sehr positiv mit Blick auf die Tiergesundheit, den Landschaftsschutz, aber auch die Ei-Qualität. Nicht zuletzt gibt es durch die erhöhte Sichtbarkeit dieser Form einer tiergerechteren Haltung einen Sensibilisierungseffekt und eine höhere Werbewirksamkeit.

Es geht darum, Alternativen zur konventionellen und zu Recht stark kritisierten Hühnerhaltung zu erproben. „Bei der Haltung im Hühnermobil steht das Wohlergehen der Tiere bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit sichtbar im Vordergrund.
Durch die Mobilität profitieren die Tiere beim Auslauf permanent von frischem Gras, werden seltener von Parasiten befallen und sind weniger krankheitsanfällig“, erklärt Mathieu.

Christian Mathieu schaffte sich das Größte von drei Modellen an, das „Hühnermobil 1200“. Es ist gemäß deutscher Ökoverordnung für 1.000 bis 1.200 Hennen ausgelegt. Es ist zusammenklappbar und beim Straßentransport lediglich 3 m breit. Ausgeklappt ist es auf der Wiese 8,50 m breit, 20 m lang und 3 m hoch. Die Grundfläche des Stallinnenraums beträgt 8,35 m mal 14 m. Der Futterspeicher fasst 1,5 Tonnen. Für eine ausreichende

Wasserversorgung sind zwei Tanks mit einem Fassungsvermögen von 820 Litern eingebaut.

Für den Kauf erhielt Christian Mathieu im Februar 2012 einen Kredit von etika und der BCEE in Höhe von 87.725 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der zinsvergünstigte Kredit deckt die Hälfte der Investition ab.

Im März 2012 wurde mit dem Verkauf von Bio-Eiern begonnen - im Direktvertrieb, sowie über BIO OVO. Mit dem Kauf wird vor allem eine Diversifikation der Produkte des Hofes angestrebt. Nachdem man bislang Angus-Rinder, Gascon-Schweine, Moorschnucken, Ardennerschafe, Pferde und Bienen züchtete, wird jetzt die Legehennenhaltung als neuer Zweig aufgebaut.

Im Jahr 2016 stellte sich die Situation der Hühnerhaltung in Luxemburg deutlich besser dar als zu Beginn der Hühnerhaltung in Derenbach, als Christian Mathieu - neben dem ebenfalls von etika finanzierten Bio-Eierhof Meiers-Weis - ein Pionier einer artgerechteren Haltung war. Von den 32 Millionen im Jahr 2016 hierzulande produzierten Eiern wurden bereits 13,5 % auf Bio-Höfen gelegt, gegenüber 8,9 % zehn Jahre vorher und 0 % im Jahr 2001.

Nachtrag vom Mai 2023: Die Familie Mathieu hat in einem längeren Prozess der ethischen Auseinandersetzung mit der Nutztierhaltung entschieden, schrittweise auf diese zu verzichten. Aktuell gibt es nur noch Hühner. Ab September soll der Hof vegan werden, also auf die Produktion von Weizen und Gemüse umstellen.

Kontakt:
Christian Mathieu, Maison 95, L-9645 Derenbach, Tel.: 691861652, Fax: 994076, info@naturhaff, www.naturhaff.lu

Lesen sie hier einen Artikel zum Hof in der Zeitschrift "chill green".
Mehr Infos: www.huehnermobil.de

Artikel vom 21. Mai 2012, zuletzt aktualisiert am 23. Mai 2023