Ein Weinberg ohne Pestizide

, von Ekkehart Schmidt

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Im Dezember 2009 erhielt die Kellerei Sunnen-Hoffmann bei der erstmaligen Verleihung des Luxemburger Bio-Agrar-Preises eine "Mention spéciale". Im September 2017 wurde sie beim Concours international Mundus Vini mit einer Silbermedaille für ihren Auxerrois Schwebsange Kolteschbierg 2016 und mit einer Goldmedaille für ihren Riesling Domaine et Tradition Wintrange Felsbierg Vieilles Vignes 2015 ausgezeichnet.

Kenner erstaunt das nicht: Trotz steigender Nachfrage gab es 2009 in Luxemburg erst zwei Erzeuger von Bio-Weinen: Der Pionier war Nico Entringer aus Canach, der 1996 in Zusammenarbeit mit "Hëllef fir d’Natur" im Nebenerwerb einen Weinberg auf Bio umstellte. Vier Jahre später begann Sunnen-Hoffmann aus Remerschen an der Mosel versuchsweise mit dem Anbau biologischer Weine - mit Erfolg.

Mittlerweile ist die Nachfrage nach Bio-Wein hierzulande grösser als das Angebot. Und das Vorbild Sunnen-Hoffmann fand Nachahmer: Heute gibt es 14 Luxemburger Bio-Winzer, die immerhin 41 (2010 noch 9) von insgesamt 1.100 Hektar Weinanbaufläche an der Luxemburger Mosel biologisch bewirtschaften (dazu kommen 14 Hektar in Konversion). Neben Sunnen-Hoffmann zu nennen sind Joé Beissel (Bous) und Guy Krier (Ellingen). Sie alle haben sich den Vereinen Demeter und BioLABEL Lëtzebuerg angeschlossen. Noch 2009 waren Sunnen-Hoffmann die einzigen Winzer des Landes, deren Produkt mit dem bioLABEL ausgezeichnet wurden.

Dennoch sind Bioweine ausserhalb von Bioläden nach wie vor nicht sehr bekannt. Daher erhielt die Kellerei Sunnen-Hoffmann im Sommer 2007 einen Kredit in Höhe von 30.000 Euro, mit dem die Vermarktung unterstützt werden soll. Er hatte eine Laufzeit von 36 Monaten und wurde für den Kauf eines Messestands gewährt - unter anderem für die Oekofoire, aber auch zur Benutzung anlässlich von Veranstaltungen des Weinguts.

Bei jährlich zwei Tagen der offenen Tür können sich Interessierte den 1872 entstandenen Betrieb anschauen, der schon in der fünften Generation in Familienbesitz ist. Biowinzerin Corinne Kox-Sunnen (Foto) und ihr Bruder Yves Sunnen produzieren auf 9,5 Hektar jährlich über 50.000 Liter Wein, der ausschließlich im Großherzogtum vermarktet wird. „Allerdings haben wir immer wieder Anfragen potentieller Kunden aus Belgien und Holland“, erzählt Corinne Kox-Sunnen. Da sich der Erfolg nach der Versuchsphase durchaus sehen lassen konnte, haben die Betreiber beschlossen, die Anbaufläche, auf der keine Pestizide zum Einsatz kommen, kontinuierlich zu erhöhen.

„Wir kamen auf diese Idee auf der Grundlage einer generellen Überlegung, denn wir haben bereits als Konsumenten einen großen Wert auf die Qualität der Lebensmittel gelegt, die wir selbst kaufen,“ erklärt Corinne Kox-Sunnen. „Denn für uns war es wichtig, dass in unserem Essen keine Rückstände irgendwelcher chemischer Mittel waren.“

Mittlerweile sind sämtliche Weinberge der Domaine auf biologischen Anbau (BioLABEL) umgestellt worden. Das Ziel des biologischen Anbaus ist es, die Abwehrkräfte der Weinstöcke gegen Krankheiten so zu verstärken, dass das Ökosystem respektiert wird. Biowinzer setzen auf einen gesunden Boden und den Einsatz von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten. Gegen Pilzkrankheiten werden - in streng reglementierter Weise - auch Kupfer und Schwefel oder auch Backpulver eingesetzt.

Diese Vorgehensweise bedeutet freilich nicht, dass man in der Weiterverarbeitung und dem Vertrieb nach antiquierten Methoden arbeiten würde. Im Gegenteil: die 1872 erbaute Kellerei im Herzen von Remerschen wirkt nicht nur äußerlich mit ihren rot gestrichenen Fassaden sehr modern und edel. Auch die Räumlichkeiten für die Verkostungen sind so saniert worden, dass der Wunsch von Besuchern nach Winzerromantik und die Anforderungen professionellen Marketings in ein gutes Gleichgewicht gebracht werden. Inzwischen gehört zur Domaine auch ein pädagogischer Weinbaubetrieb, in dem Schulklassen spielerisch die Viticulture nahe gebracht wird. "Die Innovation von heute ist die Tradition von morgen", heißt es denn auch voller Selbstvertrauen.

2010 richtete die Domaine in einem authentischen Moselhaus auch De SHOP vun Sunnen-Hoffmann ein. Hier konnte man Weine, Olivenöl und andere kulinarische und Deko-Produkte erstehen. Der Laden in 76, route du Vin in Remerschen wurde jedoch nach einigen Jahren wieder geschlossen. Man konzentriert sich auf den Direktvertrieb bei Restaurants (neben dem Angebot in den NATURATA-Supermärkten).

Der Besuch in der Domaine Sunnen-Hoffmann läßt sich gut kombinieren mit einem Spaziergang durch das nahe Naturschutzgebiet Haff Reimisch. Und wer darauf erst im Sommer wieder Lust hat: In der Bio-Vinothek der NATURATA-Supermärkte finden sich nicht nur Weine beider luxemburgischer Bio-Kellereien, sondern auch ein leckerer "Letzebuerger Bio-Drauwejus". Infos zu den Weinsorten finden Sie auf der homepage der Kellerei. Wir empfehlen auch die Radioreportage „Dem Weinbauern über die Schulter gucken“ der SR 3 Saarlandwelle.

Die positive Entwicklung insgesamt (wenngleich nach Angaben von IBLA 2017 immer noch erst auf 5 Prozent der Weinbauflächen Luxemburgs, Biowein wächst) hat auch zu einer stärkeren Unterstützung des Weinbauinstituts geführt, das sich für eine Ausdehnung der Bioweinflächen interessiert. Eine Verdopplung der Flächen scheint nicht mehr utopisch. Nach Angaben von Serge Fischer, Berater am Weinbauinstitut, wurden 2015 immerhin bereits 3150 hl Biowein erzeugt haben (2,5 % des Gesamtvolumens). Wenngleich noch viel Überzeugungsarbeit nötig erscheint, ist man bei etika stolz, diese Entwicklung mit angestossen zu haben.

Im März 2018 hat Sunnen-Hoffmann erneut in die Vermarktung ihrer Produkte investiert: Um die Sichtbarkeit zu erhöhen, wird die Internetseite neu gestaltet. Dafür vergaben etika und Spuerkeess einen weiteren Investitionskredit in Höhe von 25.000 euro (Laufzeit: 4 Jahre).

Dass die Qualität stimmt, zeigen auch die jüngsten Auszeichnungen von vier Weinen beim Internationalen Bioweinpreis 2018: Goldmedaillen für den Riesling vom Hommelsbierg 2017 und den Crémant Cuvée L. et. F sowie Silbermedaillen für den Pinot Gris und den Auxerois vom Hommelsbierg 2017. Im Guide Hachette 2019 erhielt letzterer einen Stern, während der Crémant zitiert wurde.

Diese Erfolge haben wohl auch mit der bio-dynamischen Anbauweise zu tun, die von manchen externen Bebachtern wegen "esoterisch" wirkender Methoden auf Befremden stossen. Sunnen-Hoffmann praktiziert dies seit 2011, bewirbt das jedoch seit einigen Jahren nicht mehr explizit - aus Kostengründen, wie es heisst.

Die Klimakrise hat auch die Mosel erreicht. 2019 und 2021 waren sehr schlechte Weinjahre mit Spätfrost und Hitzewelle, 2023 war jedoch wieder ein guter Jahrgang. In einer Erklärung von IBLA heisst es: "Wer im Weinkeller biologisch arbeitet und möglichst wenig auf Hilfsmittel und Zusatzstoffe setzt, ist auf optimale Traubenqualitäten angewiesen. Besonders in Jahren wie diesen ist hier Fingerspitzengefühl und Geduld gefragt", auch bei der Lese, die viel Fingerspitzengefühl verlange.

Eine Studie des französischen nationalen Ackerbauinstituts INRA wies 2021 nach, dass sich biodynamisch angebaute Weinstöcke als resistenter gegen die Folgen des Klimawandels erweisen, als konventionell angebaute.

Die Weinberge der Kellerei bei Remerschen (oben) und der über einen Alternativkredit finanzierte Präsentationsstand im Einsatz bei der Oeko-Foire 2008 (unten).

Kontakt: Domaine Sunnen Hoffmann, 6, rue des Prés, L-5441 Remerschen
Tél.: 23 66 40 07, Fax: 23 66 43 56, info@caves-sunnen.lu, www.caves-sunnen.lu

Verwendete Quellen: Becker, Herbert: Bio-Winzer starten Weinlese, in: Tageblatt, 9. September 2017; Le quotidien: Biodynamie: et pourtant, ca marche!, 03.07.2021; Vacon, Mathieu: En dix ans, le vin bio a fait son trou, in: L’essentiel, 3. März 2015; Luxemburger Wort: Le vin bio dans tous ses états. Caves Sunnen-Hoffmann, Advertorial, 21 septembre 2017

Artikel vom 2. Juli 2008, zuletzt aktualisiert am 8. September 2023