Sipo: 35 Jahre Frühförderung

, von Ekkehart Schmidt
















Die Arbeit der Frühförderung befasst sich mit Kindern aus allen gesellschaftlichen Schichten, unabhängig von ihrer Herkunft. Kinder mit Downsyndrom und geistig behinderte Kinder sind hier eher eine kleinere Gruppe. Es geht hauptsächlich um ganz normal intelligente Kinder, die aber bestimmte Entwicklungsverzögerungen oder Auffälligkeiten aufweisen. Wenn man diese Kinder frühzeitig stärkt bzw. fördert, haben sie alle Chancen auf einen erfolgreichen Schulstart. Wenn nicht, bestehen vor allem Risiken von langfristig problematischen Störungen der altersgerechten funktionalen und emotionalen Entwicklung.

Eltern mit Kindern, deren Entwicklung ihnen Sorgen bereitet, zum Beispiel, weil sie eine Entwicklungsverzögerung feststellen oder weil es behindert ist, können sich in Luxemburg an das SIPO (SuivI PédagOgique du jeune enfant et de sa famille) wenden. Der Verein ohne Gewinnzweck wurde 1981 gegründet und ist seit 2001 als Vereinigung „von öffentlichem Nutzen“ anerkannt. Der in Mamer ansässige Verein bietet Dienstleistungen für Kinder, Familien und Fachkräfte an: pädagogische und therapeutische Hilfen (Frühförderung) für Kinder und ihre Familien sowie

Weiterbildungen für Fachkräfte aus dem sozio-pädagogischen, therapeutischen und erzieherischen Arbeitsfeld.

Häufig treten sog. funktionalen Entwicklungsauffälligkeiten wie Sprachentwicklungsverzögerungen oder -störungen auf. Hierunter fallen auch logopädische Defizite. In diesem Fall ist beispielsweise der Sprachfluss gestört, oder die Syntax wird nicht richtig gebildet. Dadurch können Kinder sich nicht altersgemäß ausdrücken, sowohl von der Artikulation her wie auch in Bezug auf den Wortschatz.

Das beeinflusst den sozialen Kontakt mit anderen. Die Kinder entwickeln dann oft auch in anderen Bereichen Defizite. Oder aber sie bekommen sprachlich vieles nicht mit, wodurch sich ihr aktiver und passiver Wortschatz nicht entwickeln kann. Probleme im Kindergarten und in der Grundschule sind dadurch vorprogrammiert.

Zu den funktionalen Entwicklungsverzögerungen zählen auch Probleme der Motorik und der visuellen und körpereigenen Wahrnehmung. Wenn Letztgenannte nicht gut

ausgeprägt ist, neigen Kinder oft zu Unruhe und Konzentrationsschwierigkeiten. Wenn dagegen die visuelle Wahrnehmung nicht so weit ausgereift ist, dass man Buchstaben voneinander unterscheiden kann, fällt das Erlernen der Schriftsprache sehr schwer.

Bei der gesunden emotionalen Entwicklung geht es vor allem um das Selbstvertrauen. Hier ist es wichtig, Stärken des Kindes zu erkennen und ihm angemessen zurückzumelden, sodass es sich positiv selbstwirksam erlebt. Mit einer positiven

emotionalen Basis wird es sich auch in anderen Bereichen sicherer und besser entwickeln. So geben auch Theateraufführungen und andere öffentliche Auftritte den Kindern Selbstvertrauen. Die Vorbereitung ist auch ein bedeutsames Training in sozialer Kommunikation. Daher arbeitet Sipo auch mit solchen Auftritten (siehe Foto rechts).

Frühförderung ist nicht nur aufgrund einer direkten Förderung der Kinder wichtig,

sondern auch wegen der damit immer verbundenen Beratung der Eltern, mit denen langfristig gearbeitet wird. Es geht darum, ein Fundament für die spätere Erziehung zu legen, damit die Eltern die Chance haben, positiver mit ihrem Kind umzugehen, es anders zu sehen und zu unterstützen. Damit können sie in ihrer Handlungskompetenz gestärkt werden und entwickeln mehr Eigeninitiative.

Die Vereinigung betreut jährlich gut 375 Kinder im Alter bis zu 6 Jahren mit ihren Familien und ist allgemein anerkannt. 2014 drohte jedoch durch das Inkrafttreten des neuen Kinder- und Familienhilfesystems die Insolvenz, da aufgrund einer Änderung des Finanzierungssystems die erbrachten Leistungen nunmehr über Stundensätze
verrechnet werden müssen.

Auch vor diesem Hintergrund, das heißt zur Sicherung des Fortbestands der Einrichtung, erhielt das SIPO im Juni 2016 seitens der BCEE und etika eine jährlich erneuerbare Kreditlinie in Höhe von 250.000 Euro.

Es handelt sich hierbei – nach dem Bau der Fixerstube „Abrigado“, die durch den Service Tox-In betreut wird, sowie dem Bau von Unterkünften für den Fonds Autisme – um das dritte Projekt im Gesundheitsbereich, das von etika gefördert wird.

Kontakt: Gilbert Frisch, sipo asbl, 7, rue du Millénaire, L-8254 Mamer, +Tel. : 44 71 71, www.sipo.lu

Artikel vom 03.08.2016