Zurück zur nachhaltigen Landwirtschaft

, von Ekkehart Schmidt














So genannte „konventionelle“ und „biologisch“ wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe sind in Luxemburg meist Familienbetriebe, die seit Generationen an einen festen Standort mit einem gegebenen Boden und aus diesem folgend bestimmten Anbauprodukten gebunden sind. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts haben sie alle nachhaltig gewirtschaftet, sieht man einmal davon ab, dass die Mechanisierung der Landwirtschaft zum Verbrauch fossiler Energien geführt haben. Anders zu wirtschaften hätte bedeutet, dass die Eltern ihren Kindern ihre Zukunft zerstüren. Dann passierte etwas, das wir jetzt rückgängig machen müssen, wollen wir auf die Bedrohung der Klima- und Biodiversitätskrise reagieren.

Auf den Einsatz von Maschinen folgte schleichend ein zunehmender der Einsatz von Chemie: Dünger, Pestizide und Fungizide. Sie sollten die Erträge stabilisieren oder erhöhen. Das brachte allen einige Jahrzehnte lang grosse Vorteile. Die Produkte konnten jetzt auch weit über den dörflichen Standort hinaus verkauft werden. Ehedem lokale Hersteller wurden Teil eines nationalen Marktes und kamen in Konkurrenz zu Wettbewerbern. Dann kamen Fördergelder aus Brüssel, die einen Wachstumsdruck bewirkten. Produktivitäts steigerungen wurden für möglichst niedrige Preise - und damit das Überleben wichtig. Die konnten nur durch den verstärkten Einsatz von Maschinen und Chemie erreicht werden.

1979 stieg mit Jos Schanck aus Hupperdange der erste aus diesem System aus (Foto rechts im blauen Pullover in seinem Hofladen). In den 1980er-und 1990er-Jahren folgten Dutzende andere diesem für seine Möhren bekannten Hof. Sie begannen nach den Prinzipien biologischer Landwirtschaft zu wirtschaften, also ohne Chemie. Heute sind es 146 Betriebe, die 5 % der landwirtschaftlichen Fläche Luxemburgs bewirtschaften. Die anderen machten weiter, gerieten immer stärker unter Wettbewerbsdruck und wurden immer abhängiger von Brüssel.

Zudem wurde klar, dass diese, jetzt „konventionell“ genannte Landwirtschaft, verheerende ökologische Folgen hat - aber diese wurden externalisiert. Durch Chemie verschmutzte Flüsse wirkten sich nicht auf den Preis aus. Längst wissen wir: Eine radikale „Agrarwende“ ist zwingend notwendig geworden, verbunden mit einer „Konsumwende“. Angebot und Nachfrage müssen sich wandeln.

Können wir als Nachfrager von Lebensmitteln unseren Teil dazu beitragen, die Klima- und Biodiversitaetskrise abzuschwächen? Ja, wenn wir also nicht nur weniger Fleisch essen, sondern auch mehr saisonale, regionale, bio und faire Produkte kaufen. Am besten direkt beim Bauern, zum Beispiel in der solidarischen Landwirtschaft. Damit würden wir den Herstellern dieser Waren einen Anreiz geben. Wir müssten also anfangen, nicht nur aus Gründen einer gesunden Ernährung, sondern auch aus Gründen der Nachhaltigkeit auf bestimmte

Lebensmittel zu verzichten und bewusster nach anderen Kriterien als einem günstigen Preis einzukaufen.

Anbieter von Agrarprodukten - ob konventionelle oder Biobauern - eint der Wunsch nach einem angemessenen Einkommen. Sie sollten daher zusammen für faire und höhere Preise kämpfen. Denn Biobauern unterliegen den gleichen Zwängen des

Marktes. Es wäre vor allem in der Produktion von Eiern und Fleisch eine Illusion zu glauben, dass Tiere auf Biobetrieben nicht dem Druck unterliegen, nur so lange leben zu dürfen, als sie „produktiv“ sind, also ihr Output höher ist als der Input an Futter. Letztlich müssten vor allem die konventionellen Landwirte auf dem Weg zu bio als Standard dabei unterstützt werden, negative ökologische Effekte einzupreisen. Die Preise ihrer Produkte würden steigen, aber es wären die echten Preise.

Die Konsumenten sollten die Agrarwende durch Bevorzugung regionaler und saisonaler Produkte unterstützen und zudem den Anteil fair gehandelter Waren erhöhen. Eine Konsumwende umfasst aber noch deutlich mehr. Der Import solcher Rohstoffe und Produkte von ausserhalb der EU muss stark reduziert werden, bei deren Anbau, Abbau und Herstellung wertvolle natürliche Lebensräume zerstört, Wasser und Böden verschmutzt sowie wichtige Wasserressourcen verbraucht werden. Dies betrifft insbesondere Soja und Palmöl zur Fleischproduktion. Hier sind die Politik, Anbieter und Nachfrager in der Pflicht.

Das sind ehrgeizige Ziele, aber wir müssen diesen Weg gehen. Da zeigen sich psychologische und finanzielle Herausforderungen. Zwei Akteure der Zivilgesellschaft können hier unterstützend wirken: Neben etika vor allem IBLA.

Ein Jahr nach der Einführung des "Bio-Aktionsplans" durch die Regierung haben sich nur wenige Landwirte für eine solche Umstellung entschieden. Es scheint, dass es eine Abneigung der Landwirte gibt, auf Bio umzustellen. Es gibt Blockaden. IBLA könnte eine Institution sein, die diesen Prozess im Einvernehmen mit den Landwirten entwickelt, die ihn - da bin ich mir sicher - auch wollen. Aber es gibt Akzeptanz- und Überlebensängste: Es gibt einen gewissen Druck von anderen Bauern. Es gibt psychologische Probleme und Akzeptanzprobleme bei den anderen Landwirten im Dorf, wenn Sie der einzige sind, der die Umstellung beginnt. Und es ist ein langfristiger Prozess: Mindestens drei Jahre lang besteht das Risiko von Einkommensverlusten während der Umstellung.

Der Übergang muss ein partizipativer Prozess sein. Es werden viel mehr Berater aus dem Ministerium oder Institutionen wie IBLA benötigt, um eine wirklich professionelle Kampagne von Information, Training, Beratung und Forschung zu starten. Die Institutionen der Landwirtschaftsverwaltung sind überlastet, weil sie seit Jahrzehnten die konventionelle Landwirtschaft fördern. Und es besteht die Notwendigkeit, die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Ein Akteur der Zivilgesellschaft, der zu helfen bereit ist, sind wir.

Etika wurde 1996 gegründet, um ein soziales und ökologisches Finanzprodukt zu entwickeln, das den Bedürfnissen von Projekten gerecht wird, die Schwierigkeiten haben, Kredite von herkömmlichen Banken zu erhalten. Damals waren es vor allem Biobauern wie Jos Schanck. In den nächsten 25 Jahren erhielten etwa 55 Projekte in diesem Sektor finanzielle Unterstützung durch das alternative Spar- und Darlehensprogramm mit Spuerkeess: 19 Biobetriebe (darunter 1 Wiedereingliederungsprojekt), 20 Geschäfte mit Bioprodukten, 7 Verarbeitungsbetriebe, 4 Restaurants, 3 Vereine und 1 landwirtschaftliches Dienstleistungsunternehmen. Viele von ihnen wurden im Laufe der Zeit mit mehreren Krediten begleitet - immer mit einer Zinssubvention wegen ihres ökologischen Mehrwerts.

Das muss uns gelingen! Inmitten vieler Krisen müssen wir ein Ergebnis erreichen: die Rückkehr zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, einer Landwirtschaft, die das Leben aller Arten auf unserem Planeten nicht zerstört. Es gibt keine Wahl mehr und wir haben schon zu viel Zeit verloren.